Was sind Kollektivverträge in Österreich?
Entsendeunternehmen müssen bestimmte österreichische Gesetze einhalten. Sie müssen außerdem bestimmte Verpflichtungen aus österreichischen Kollektivverträgen erfüllen, vor allem:
- Bezahlung des in Österreich geltenden Mindestentgelts
- Einhaltung der Arbeitszeit.
Bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung sind prinzipiell alle Regelungen in Kollektivverträgen einzuhalten, die auch für innerhalb Österreichs überlassene Arbeitskräfte gelten.
Besonders wichtig ist es, schon vor der Entsendung oder Überlassung nach Österreich die Mindestlöhne nach dem anwendbaren österreichischen Kollektivvertrag zu kennen.
Eine Entlohnung unterhalb des Kollektivvertrags ist in Österreich mit hohen Geldstrafen verbunden. Österreichische Kollektivverträge ergänzen die arbeitsrechtlichen Gesetze – zum Teil um Verpflichtungen, die nur in Kollektivverträgen zu finden sind.
Hier finden Sie Informationen über Funktion und Stellenwert der Kollektivverträge.
Was ist ein Kollektivvertrag?
Kollektivverträge sind überbetriebliche schriftliche Vereinbarungen, die zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer/innen und der Arbeitgeber/innen (in der Regel zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden) abgeschlossen werden.
In Kollektivverträgen sind wesentliche wechselseitige Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis geregelt, wie z. B. zu Arbeitszeit und Mindestlohn/-gehalt sowie Einstufungskriterien für die Entlohnung.
Kollektivverträge gelten für die Arbeitsverhältnisse innerhalb ihres jeweiligen Geltungsbereiches (Branche, Gebiet, Angestellte bzw. Arbeiter/innen).
Regelungen in Kollektivverträgen dürfen durch Betriebsvereinbarungen (das sind schriftliche Vereinbarungen zwischen dem Betriebsrat und dem Betriebsinhaber/der Betriebsinhaberin) und durch Arbeitsverträge nicht verschlechtert werden.
Auf Arbeitnehmer/innenseite werden Kollektivverträge in der Regel vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) und den einzelnen Gewerkschaften (GPA-djp, GÖD, younion, Bau-Holz, PRO-GE, vida, GPF) ausverhandelt und abgeschlossen, auf Arbeitgeber/innenseite von der Wirtschaftskammer Österreich und den einzelnen sogenannten Fachverbänden.
Kollektivverträge gelten in der Regel für eine ganze Wirtschaftsbranche.
Welche Rechtswirkung hat ein Kollektivvertrag?
Die wesentlichen Rechte und Pflichten der Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen werden durch Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag bestimmt.
Auf der höchsten Stufe steht das Gesetz, danach kommen die Verordnung, der Kollektivvertrag, die Betriebsvereinbarung und der Arbeitsvertrag.
Kollektivverträge haben Normwirkung, d. h. eine generelle Geltung wie Gesetze und Verordnungen. Sie sind auf alle Arbeitsverhältnisse innerhalb ihres Geltungsbereiches anzuwenden.
Arbeitsrechtliche Gesetze, Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen enthalten meist einseitig zwingende Bestimmungen. Das bedeutet, dass eine Regelung nicht durch eine Norm der nächstniedrigen Stufe zum Nachteil der Beschäftigten abgeändert werden kann.
Nur wenn Bestimmungen der nächstniedrigen Stufe für die Arbeitnehmer/innen günstiger sind, bleiben sie bestehen und werden durch die höherrangige Norm nicht verdrängt (Günstigkeitsprinzip).
Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge dürfen daher keine für die Arbeitnehmer/innen schlechteren Regelungen enthalten als Gesetze und Kollektivvertrag – außer diese lassen es ausdrücklich zu.
Zur Bedeutung von Kollektivverträgen
- Mindestgehälter bzw. -löhne
- Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld
- und viele andere Ansprüche und Verpflichtungen
sind nicht in Gesetzen, sondern in Kollektivverträgen geregelt.
In Kollektivverträgen enthalten sind z. B. auch Sonderregelungen für verschiedene Berufsgruppen wie Schutzbestimmungen bei Kündigungen.
Kollektivverträge regeln außerdem die Zuschläge für Schichtarbeit, Feiertagsarbeit, Überstunden oder Mehrarbeit. Bestimmte Freizeitansprüche der Arbeitnehmer/innen (z. B. bei Übersiedlung oder Hochzeit), die Bezahlung von Zulagen und Prämien, Reisegebühren oder Taggelder etc. sind zum Teil nur in Kollektivverträgen konkretisiert.
Kollektivverträge gelten in Österreich für alle Arbeitnehmer/innen, auch wenn sie nicht Gewerkschaftsmitglieder sind (sogenannte „Außenseiterwirkung“).
So gut wie alle in Österreich arbeitenden, nach Österreich entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer/innen (ca. 98 %) sind durch Kollektivverträge erfasst.
In Österreich gibt es über 800 Kollektivverträge. Jährlich schließen die Gewerkschaften mit der Arbeitgeberseite über 450 Kollektivverträge ab.